Studieren ohne zu zahlenStudieren ohne zu zahlen
Die Geb�hrenboykotteure der Hamburger Kunsthochschule
geben nicht auf
Sie boykottieren Studiengeb�hren und studieren trotzdem weiter: Ungef�hr 160 Studierende der
Hamburger Hochschule f�r bildende K�nste (HfbK) haben auch die letzte Frist der Universit�tslei-
tung verstreichen lassen (ak 519) und Studiengeb�hren in H�he von 500 Euro nicht zum Ende des
Sommersemesters an ihre Hochschule �berwiesen. Nun klagen einige von ihnen gegen ihre Exma-
trikulation. Und solange die Klage l�uft, k�nnen sie vorerst weiterstudieren, ohne zu zahlen.
Ein wenig �berraschend war das Ergebnis der Hamburger Boykottbem�hungen Mitte Juni schon.
W�hrend an der Universit�t, der Fachhochschule und der Technischen Universit�t die Quoren ver-
fehlt wurden, erreichten die Studierenden der HfbK ihr selbstgestecktes Ziel, indem 30% die allge-
meinen Studiengeb�hren auf ein Treuhandkonto �berwiesen. Dabei galt die Kunsthochschule nicht
gerade als linke Hochburg. Doch wie bereits an drei kleineren Karlsruher Hochschulen, an denen
sich im Fr�hjahr ausreichend Studierende am Studiengeb�hrenboykott beteiligt hatten, zeigte sich
erneut, dass es anscheinend leichter ist, einen kleineren Kreis von Studierenden von der Boykotti-
dee zu �berzeugen.
Boykott 2.0 f�r das Wintersemester geplant
Doch den Boykotteuren der HfbK schenkten weder die Hamburger Medienlandschaft noch die Stu-
dierenden der anderen Hochschulen gr��ere Aufmerksamkeit. Was waren schon knapp 300 Boykot-
tierende, gegen 6.078 Studierende der Universit�t, die ihr Geld auf ein Treuhandkonto eingezahlt
hatten. Doch deren Geld wanderte wie vereinbart nach Boykottende auf das Konto der Universit�t.
Denn weitere 4.000 Studierende h�tten sich nach den Zielen der Boykott-AG beteiligen m�ssen.
Immerhin war den AktivistInnen einen Achtungserfolg gelungen. Doch die Meldung Mitte August,
dass insgesamt 1.110 Studierende nicht zahlen konnten und wollten und nun exmatrikuliert w�rden,
war eine bittere Entt�uschung f�r die Studierenden der Universit�t.
Anders verhielt es sich dagegen an der HfbK. Hier beschlossen die AktivistInnen, trotz drohender
Exmatrikulation, den Boykott fortzuf�hren. Schlie�lich hatten 265 von 401 zahlungspflichtigen
Studierenden ihr Geld auf das Boykottkonto �berwiesen. Damit war die HfbK die erste Hochschule
bundesweit, die einen Boykott durchzog. Der erste Erfolg war schnell errungen: Die Hochschule
verzichtete vorerst auf die Exmatrikulation. Der Pr�sident der HfbK, Martin K�ttering, erkl�rte auf
einer Pressekonferenz, dass die Studierenden der Exmatrikulation noch entgehen k�nnten, wenn sie
bis zum 30. September zahlen w�rden. Denn solch eine Massenexmatrikulation h�tte f�r die HfbK
ein existenzielles Problem dargestellt.
Doch die Hoffnung, dass die Studierenden zahlen w�rden, erf�llte sich nicht vollends. Etwa 160
Studierende hatten Anfang Oktober immer noch nicht ihr Geld an die Hochschule �berwiesen. Viele
sind nun exmatrikuliert. Bereits 30 Studierende haben aber Klage gegen ihren abgelehnten Wider-
spruch eingelegt. Und ihre Zahl w�chst t�glich. Denn solange die Studierenden klagen, k�nnen sie
weiterstudieren. Da solch ein Klageverfahren Jahre dauern kann, k�nnte es passieren, dass einige
bereits ihr Studium absolviert haben, bevor �ber ihre Geb�hrenzahlungspflicht entschieden wurde.
Die Boykotteure der HfbK sind damit die ersten Studierenden, die sich vorerst erfolgreich gegen
Studiengeb�hren zur Wehr gesetzt haben.
Begleitet wurde die rechtliche Auseinandersetzung von Solidarit�tserkl�rungen und einem vielf�lti-
gen Protestprogramm. GEW und einige ASten solidarisierten sich mit den Boykottierenden und auch der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverb�nde, kritisierte die drohende
Exmatrikulation. Die Jahresausstellung Anfang September, deren Absage die Studierenden zuerst
erwogen hatten, wurde als Protestforum genutzt. Selbst in den Semesterferien erlahmte der Wider-
stand nicht. Vom 19. bis zum 30. September wurde ein selbstverwaltetes Trimester ausgerufen. Vie-
le Initiativen, Einzelpersonen und Gruppen folgten dem Aufruf und boten Veranstaltungen an. Au-
�erdem fand ein bundesweites studentisches Vernetzungstreffen an der HfbK statt. Unmittelbar
nach Ablauf der Gnadenfrist kam es dann zu einer Aktion, die auch unter der Studierendenschaft
nicht unumstritten ist. �ber Nacht wurden die Innenr�ume der HfbK mit Zeichnungen, Parolen und
Graffitis verziert.
Unileitung reagiert mit Repression auf bunte W�nde
Diese Aktion hat nun die Repressionsorgane auf den Plan gerufen. Nachts patrouilliert eine private
Sicherheitsfirma im Geb�ude, HfbK-Pr�sident K-ttering kritisierte die Aktion und lie� f�r 50.000
Euro das Geb�ude reinigen. F�r �bertrieben h�lt dagegen der AStA den Gro�putz und zeigt Ver-
st�ndnis f�r die Aktion: Schlie�lich sei die HfbK eine Kunsthochschule und wo, wenn nicht hier,
sollte die M�glichkeit f�r kreativen Protest existieren. Boykott-AG und AStA planen derweil weite-
re Protestaktionen. Bei den Stupa-Wahlen zu Semesterbeginn zeigte sich die steigende Aktionsbe-
reitschaft der Studierenden. K�nftig sollen im Rahmen einer "Freien Klasse" nicht nur HfbK-Pro-
bleme thematisiert, sondern der Bogen zu anderen gesellschaftlichen Konfliktfeldern geschlagen
werden. Und das am liebsten gemeinsam mit anderen Menschen. Denn nicht nur den Exmatrikulier-
ten soll die "Freie Klasse" einen Raum bieten. Wie auch im Trimester hoffen die AktivistInnen auf
Besuch anderer Studierender und Nichtstudierender aus der Stadt. Denn nur wenn es ihnen gelingt,
den Protest aus der HfbK herauszutragen, k�nnen sie Erfolg haben.
Neben der Ausdehnung der Protestbestrebungen laufen aber auch bereits die Planungen f�r den
Boykott 2.0 im Wintersemester 2007/08. Bis zum 15. Dezember m�ssen alle Studierenden ihr Geld
an die Hochschulen �berwiesen haben. Am besten w�re es, wenn dann nicht nur die HfbK das Boy-
kottquorum erf�llt, sondern auch an den drei gro�en Hochschulen in Hamburg massenhaft Studie-
rende die Geb�hrenzahlung verweigern. Neue Hoffnung sollte den Studierenden dabei der Etappen-
sieg der Kunststudierenden geben. Vielleicht k�nnen Hamburgs Studierende dann an ihre erfolgrei-
che Boykottgeschichte ankn�pfen. Als das sogenannte H�rergeld 1970 abgeschafft wurde, ging dem
ein erfolgreicher Boykott von ungef�hr 6.000 Hamburger Studierenden voraus.
Jonas F�llner
Anmerkungen:
Informationen zum Boykott und aktuelle Terminhinweise des Protestprogramms finden sich unter:
www.hfbk.de
Informationen zum Boykott 2.0 an der Universit�t Hamburg gibt es unter:
www.izshamburg.de
� a.k.i Verlag f�r analyse, kritik und information GmbH, Rombergstr. 10, 20255 Hamburg
Weiterver�ffentlichung in gedruckter oder elektronischer Form bedarf der schriftlichen
Zustimmung von a.k.i. Erschienen am 19.10.2007 in AK- Analyse und Kritik Nr. 521 zurück | quelle
|