Tchibo verkauft nun auch BWL-FernstudiumTchibo verkauft nun auch BWL-Fernstudium
Der Studienplatz als Schn�ppchen
Handytarife, Versicherungsvertr�ge oder Bahntickets verkauft Tchibo schon lange. Seit Freitag aber hat der Kaffeer�ster etwas ganz neues im Angebot: ein BWL-Studium an der privaten Fachhochschule G�ttingen. Handelt es sich dabei nur um einen Marketing-Gag oder ist es der Beginn eines neuen Trends in der Bildungsvermarktung? Von Claudia Th�ring, tagesschau.de
Es weihnachtet schon sehr in den Gesch�ften – auch bei Tchibo. Doch neben Kaffeebohnen und Adventsangeboten liegen seit dem 9. November bunte Uni-Brosch�ren auf dem Ladentisch. Ein BWL-Studium zum Schn�ppchenpreis verspricht die private Fachhochschule G�ttingen darin den Tchibo-Kunden. Wer sich bis zum Jahresende an der Uni einschreibt, zahlt im Monat 248 Euro statt 298 Euro und spart zudem die einmalige Aufnahmegeb�hr von 650 Euro. Zielgruppe sind Berufst�tige, die sich nach Feierabend weiterbilden wollen. Bildung wird zur WareBildung als Ware - das hat f�r Aufregung gesorgt. "An der Kaffeetheke darf man Bildung doch nicht vermarkten", emp�rt sich Andreas Keller, Hochschulexperte und Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). "Eine solche Vertriebsform ist unseri�s." Susanne Bossemeyer, Pressesprecherin der Fernuniversit�t Hagen sieht dies �hnlich: "Ein Studium ist eine sehr bedeutende Entscheidung im Zuge der Lebensplanung. Da kann ich mich doch nicht beim Kaffeekauf nebenbei f�r entscheiden."
"Soll man ja auch gar nicht", kontert Bernt Sierke, Pr�sident der privaten Fachhochschule G�ttingen. "Denn erst einmal nehmen Interessierte sich die Brosch�re mit nach Hause und bekommen bei Interesse von uns ein Informationspaket. Der Immatrikulationsprozess steht erst am Ende eines l�ngeren Beratungsprozesses. Und jeder, der sich von uns Infos schicken l�sst, wird sich auch �ber andere Unis informieren." Durch das Tchibo-Angebot solle der Impuls gegeben werden, �ber ein Studium nachzudenken. Damit wolle die private Uni einen Beitrag leisten zum Thema Bildung und lebenslanges Lernen. Nur ein blo�er Marketing-Gag ...
F�r die kleine, 1995 gegr�ndete Fachhochschule, ist die Kooperation mit Tchibo vor allem ein Weg, sich bekannt zu machen. An Ideen mangelt es dem Uni-Pr�sidenten nicht. Studenten bekommen eine Geld-zur�ck-Garantie, falls sie nach dem Abschluss keinen Job finden. Und geworben wird unter anderem beim Musiksender MTV. F�r GEW-Hochschulexperte Keller ist der Verkauf des BWL-Studiums im Kaffee-Laden vor allem "ein Marketing-Gag von Tchibo und der privaten Hochschule. Die wussten, das ist ein Tabu-Bruch, da st�rzen sich die Medien drauf." ... oder der Anfang der Bildungsvermarktung?Doch nach Ansicht von Trendforschern steckt hinter der Aktion mehr als nur ein blo�er Marketing-Gag. "In Deutschland vollzieht sich eine Privatisierung von Bildung. Und das ist von der Bundesregierung so gewollt“, erkl�rt Birgit Gebhardt vom "Trendb�ro", das sich mit der Zukunft der Bildung befasst. Bildung werde in unserer Informationsgesellschaft wie eine Ware verkauft. "Hochschulen w�hlen sich neue Vertriebskan�le. Der Verkauf �ber Tchibo ist nur der Anfang." Gebhardt kann sich vorstellen, dass auch Versandh�user bald ein Studium in ihr Angebot aufnehmen.
"Zunehmend wird Hochschulbildung verkauft", hat auch Keller von der GEW beobachtet. Gerade bei Angeboten privater Anbieter im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich seien f�nfstellige Betr�ge durchaus �blich. "Diese Entwicklung halten wir f�r problematisch. Der Zugang zu den Hochschulen wird immer teurer und das schreckt Interessierte ab. Das Studium sollte geb�hrenfrei sein."
"Demokratisierung der Bildung" �ber Tchibo und Co.?Birgit Gebhardt verweist au�erdem auf die Entwicklung in den USA, wo Bildung immer mehr in den Freizeitbereich drifte und bereits zwei Drittel der US-Hochschulen Online-Studieng�nge anbieten. Deutschland wird da nachziehen, ist die Gesch�ftsf�hrerin des Trendb�ros �berzeugt. F�r eine alternde Gesellschaft werde Bildung immer wichtiger.
Bei Tchibo hat man diesen Trend erkannt und bereits erfahren, dass Bildungsangebote bei den Kunden gefragt sind. Schon im Fr�hjahr hatte der Kaffeer�ster Nachhilfestunden f�r Sch�ler vermarktet. "Das ist gut angekommen. Wir merken, dass Bildung auch f�r die Kunden ein sehr wichtiges Gut ist . An diesen Erfolg wollen wir ankn�pfen", sagt Unternehmenssprecherin Helen Rad. Wie viel das Unternehmen mit den Bildungsangeboten verdient, dar�ber schweigt die Sprecherin.
Schlimm findet Trendforscherin Gebhardt es nicht, dass Tchibo jetzt Bildung vermarkte. "Bisher wird bei diesem Thema vor allem viel �ber Eliten gesprochen. Und da ist es ganz clever, wenn Anbieter wie Tchibo die Demokratisierung der Bildung vorantreiben wollen."
Erschienen am 13.11.2007 in www.tagesschau.de zurück | quelle
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