"Rot-Gr�n als Chance begreifen"Christa Goetsch, gr�ne Fraktionschefin und designierte Spitzenkandidatin bei der Wahl in Hamburg, im taz-Interview �ber Rot-Gr�n an Weser und Elbe, die Genesung der SPD und den Hauptgegner CDU
Interview Sven-Michael Veit
taz: Frau Goetsch, Bremen wird wieder rot-gr�n regiert. Das wird Sie vermutlich freuen.
Christa Goetsch: Nat�rlich. Und die Gr�nen in Bremen stellen ja auch zwei sehr gute SenatorInnen. Karoline Linnert ist eine ausgewiesene Finanzfachfrau, und Reinhard Loske als Senator f�r Umwelt, Bau und Verkehr ist ebenfalls eine sehr gute Wahl. Aus gr�ner Sicht, denke ich, steht einer guten Politik f�r Bremen nichts im Wege.
Sie haben in der rot-gr�nen Koalition in Hamburg 1997 bis 2001 nicht nur gute Erfahrungen mit der SPD gemacht. Haben Sie einen Rat f�r die Bremer Gr�nen?
Eigentlich nur einen: Die eigenen Erfolge auch nach au�en wirksam darzustellen. Tue Gutes und rede dar�ber - das haben wir in Hamburg zu wenig gemacht. Und wenn es mal Konflikte gibt, dann sollten die nicht nur hinter den Kulissen ausgetragen werden, sondern auch mal �ffentlich. Die B�rgerInnen m�ssen wissen, welches die gr�ne Position ist.
Welche Konfliktpunkte sehen Sie bei Rot-Gr�n Bremen?
In erster Linie Hafenpolitik, Weservertiefung, das geplante Kohlekraftwerk - das sind Themen, wo es schwierig wird.
Die Weservertiefung ist im Koalitionsvertrag bereits abgenickt, die Kraftwerksfrage wurde ausgeklammert ...
Ja, eben. Dem einen Thema wurde schweren Herzens zugestimmt, das andere vertagt. Das wird nicht einfach werden. Aber zun�chst mal sollten wir die zurzeit einzige rot-gr�ne Koalition in Deutschland als Chance begreifen ...
Und nicht als potenziellen Problemfall?
Auf keinen Fall.
Hamburgs SPD scheint nach ihrem Parteitag am Sonnabend auf dem Weg der Besserung zu sein. Das freut Sie vermutlich ebenfalls?
Es kann nur gut f�r Hamburg sein, dass die SPD ihre Grabenk�mpfe �berwunden hat und jetzt sie und ihr Spitzenkandidat Michael Naumann zusammenwachsen.
Als Naumann im M�rz auf der politischen B�hne erschien, wollte er noch die Studiengeb�hren senken, die Parteibeschl�sse aber sehen die Abschaffung vor. Jetzt ist auch der Kandidat neuerdings gegen Studiengeb�hren: Ein Beispiel f�r das, was sie Zusammenwachsen nennen?
Herr Naumann und die SPD m�ssen sich erstmal finden, das passiert seit M�rz schrittweise und hat ja auch jetzt auf dem Parteitag seinen Ausdruck gefunden. Er wurde mit 99 Prozent Zustimmung nominiert, das ist doch ein deutliches Signal. Wir Gr�ne wollen keine Geb�hren im Erststudium, wenn Herr Naumann und die SPD das auch so sehen, ist uns das nat�rlich recht.
Weil es eine weitere inhaltliche �bereinstimmung w�re. Ist Rot-Gr�n in Hamburg f�r Sie erste Wahl oder einzige?
Wir k�mpfen f�r unsere eigenst�ndigen gr�nen Position, als Regierungskonstellation ist Rot-Gr�n erste Pr�ferenz.
Das geht aber nur in einer B�rgerschaft aus drei Fraktionen: Absolute Mehrheit f�r die CDU oder f�r SPD und GAL.
Ja, das sieht dann nach Rot-Gr�n aus.
Bei mehr Parteien, plus FDP und/oder Linkspartei, wird es un�bersichtlicher.
Dann g�be es vielleicht Schwarz-Gelb, was nur schrecklich w�re. Und sollte die Linke, die als Partner schwer vorstellbar ist, diese Mehrheit ebenso wie eine rot-gr�ne verhindern ...
Dann m�ssen CDU, SPD und GAL sondieren ...
Ja, sicher. Wenn rechnerisch nur Schwarz-Rot oder Schwarz-Gr�n m�glich sein sollte, wird man dar�ber sprechen m�ssen. Klar ist, dass eine gro�e Koalition verheerend ist. Das bedeutet Stillstand, das sehen wir ja im Bund und auch in Schleswig-Holstein.
Dann reden wir doch �ber Schwarz-Gr�n: Welche inhaltlichen �bereinstimmungen zwischen GAL und CDU sehen Sie?
Es gibt in erster Linie Differenzen. Schule und Bildung, soziale Gerechtigkeit und soziale Stadtentwicklung, der Umgang mit Fl�chtlingen und dem Thema Zuwanderung, die direkte Demokratie durch Volksgesetzgebung, die Innenpolitik, die Umwelt- und Klimapolitik - das sind entscheidende Themen, wo wir weit auseinander liegen. F�r uns Gr�ne bleibt die CDU der politische Hauptgegner.
Und wie sieht die Schnittmenge mit der SPD aus?
Differenzen sehe ich eher in der Wirtschaftspolitik, vor allem bei Gro�projekten wie der Elbvertiefung, und in Teilen der Innenpolitik. In allen anderen Themenfeldern aber gibt es viele Gemeinsamkeiten - zumindest in der Zielbeschreibung. Verkehrspolitik w�re mit beiden schwierig, denn letztlich sind CDU wie SPD Auto-fixierte Parteien.
Die SPD will die soziale Gerechtigkeit zu ihrem Hauptthema im Wahlkampf machen ...
Soll sie, da liegt wirklich vieles im Argen. Im Gegensatz zur SPD haben wir Gr�ne unser Konzept aber bereits vorgelegt. Es beschreibt die Verkn�pfung von Arbeitsmarktpolitik mit sozialer Stadtentwicklung, mit den Themen Kitas, Schulen, Jugend, Familien und Gesundheit. Das ist unser ganzheitlicher Ansatz f�r eine Politik aus den Quartieren f�r die Quartiere, der soziale Teilhabe und Arbeitspl�tze schafft. In der Zielrichtung sind wir uns da mit der SPD einig, aber wir warten gespannt darauf, was sie als Programmatik vorlegen wird.
Nochmal zur CDU: B�rgermeister Ole von Beust hat sich ja offiziell zum Klimaretter gewandelt ...
Das ist alles andere als glaubw�rdig, er macht bisher nur Symbolpolitik ohne Substanz. Das sieht man beim geplanten Bau des Steinkohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg, dessen CO2-Aussto� alle Klimaschutzanstrengungen zunichte machen w�rde. Das ist Energiepolitik von vorgestern, ebenso das Reden �ber l�ngere Laufzeiten f�r Atomkraftwerke. Das ist mit uns Gr�nen nicht zu machen.
Wir wollen die Energiewende so schnell wie m�glich: Energie sparen, Energieeffizienz, Erneuerbare Energien - das ist zukunftsf�hig und nachhaltig, das ist die Verbindung von �kologie und �konomie. Und da ist klar, dass wir Gr�ne das Original sind.
Erschienen am 26.06.2007 in taz hamburg zurück | quelle
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