Die Kritik ist Absurd - Interview mit J�rg Dr�ger ABENDBLATT: Herr Senator, die Studentenproteste �ber schlechte Studienbedingungen nehmen st�ndig zu. K�nnnen Sie den Unmut an der Uni verstehen?
J�RG DR�GER: Die Befragungen der Studenten sagen etwas anderes. So zeigen Rankings, dass in den F�chern Jura, Germanistik und Physik die Zufriedenheit gewachsen ist. In anderen Bereichen ist das noch nicht der Fall, aber gerade in Bezug auf die IT-Infrastruktur und Laborarbeits-pl�tze stehen wir gut da. Insgesamt ergibt sich ein differenziertes Bild.
ABENDBLATT: Die vielen Klagen der Studenten �ber ihre Benachteiligung im Zuge der Umstellung auf das Bachelor/Master-System beeindrucken Sie gar nicht?
DR�GER: Es gibt �u�erungen Studierender, deren Erwartung an eine Verbesserung der Studienbedingungen jetzt noch nicht zu erf�llen sind. Die Geb�hren von 500 Euro pro Semester werden erst im Juni f�llig. Das hei�t, die Hochschulen haben das zus�tzliche Geld noch gar nicht und k�nnen es auch nicht f�r Qualit�tsverbesserungen, etwa bei der Bibliotheksausstattung, ausgeben. Dazu kommt, dass die allgemein bessere Betreuung allein aus rechtlichen Gr�nden nur den Bachelor/Master-Studenten zukommen darf. In den alten Magister/Diplom-Studieng�ngen haben wir das Verbot der Niveaupflege vom Bundesverfassungsgericht auferlegt bekommen.
ABENDBLATT: Wie bitte? Seit wann fordert das Bundesverfassungsgericht die Ungleichbehandlung von Studenten?
DR�GER: Sie haben richtig geh�rt. Den Hochschulen ist es seit den Siebzigerjahren untersagt, "unzul�ssige Niveaupflege" zu betreiben. Investitionen in die Studienqualit�t d�rfen nicht zulasten der Zulassung neuer Studenten gehen. Im alten Magister/Diplom-System waren uns aufgrund bundesweit vorgeschriebener Normwerte die H�nde gebunden und Qualit�tsverbesserungen unm�glich. �ber Experimentierklauseln k�nnen wir nun Freiheiten nutzen und bessere Arbeitsbedingungen f�r die Bachelor/Master-Studenten schaffen.
ABENDBLATT: Trotzdem m�ssen aber ab sofort alle Studenten gleich hohe Geb�hren bezahlen. Ist das gerecht?
DR�GER: Ja, weil die Qualit�tsverbesserungen, die damit finanziert werden, auch allen zugute kommen, nicht nur den Neuen.
ABENDBLATT: Die Bedingungen der Diplom- und Magisterstudenten haben sich zum Teil aber sogar noch verschlechtert, weil das meiste Geld in die Ausbildung der Neuen flie�t. Wollten Sie die Umstellungen an der Uni zum Nulltarif durchsetzen?
DR�GER: Nein. Wir wenden heute f�r das Hamburger Wissenschaftssystem fast 23 Prozent mehr Geld auf als vor dem Regierungswechsel. Von Nulltarif kann nicht die Rede sein. Es ist absurd, wenn man jungen Kommilitonen missg�nnt, endlich eine Studienreform erleben zu d�rfen.
ABENDBLATT: Nachbesserungen sind also nicht n�tig?
DR�GER: Es rumpelt gerade dort, wo im alten System einige der Kohorte hinterherh�ngen. Das betrifft zum Beispiel die, die Scheine nachholen m�ssen, aber keine Seminarangebote mehr bekommen, weil das System umgestellt wurde. Da m�ssen individuelle L�sungen gefunden werden. Den Reformprozess darf das aber nicht infrage stellen.
ABENDBLATT: Der hakt aber auch an anderer Stelle. Weil bis zu 20 Millionen Euro j�hrlich fehlen sollen, wird nur ein Bruchteil aller Studenten nach dem Bachelor den h�herwertigen Master-Abschluss machen k�nnen. Sehen Sie darin keine Gefahr f�rs wissenschaftliche Profil der Uni?
DR�GER: Nein. Trotzdem gibt es ein Bed�rfnis der Universit�t, mehr Pl�tze in Masterstudieng�ngen anzubieten. Das kostet mehr Geld. Aber: Das heutige Angebot ist ausfinanziert.
ABENDBLATT: Das Pr�sidium der Universit�t bestreitet auch das.
DR�GER: Ich teile nicht, wie die Universit�t hier rechnet. Nat�rlich ist h�ufig mehr w�nschenswert. Auch ich halte es f�r richtig, dass eine Hochschullandschaft in zus�tzliche Masterstudieng�nge und Forschung investiert. Wir werden pr�fen, was finanziell machbar ist. Wie viel das sein wird, dar�ber kann ich hier noch keine Prognosen abgeben. Allerdings haben wir schon jetzt viel erreicht, was gerne unterschlagen wird. Wir z�hlen neuneinhalb Prozent mehr Studenten als im Wintersemester 2001/02, elf Prozent mehr Studienanf�nger und sechzehn Prozent mehr Absolventen sowie die h�chste Bewerberzahl an der Universit�t, die es je gab. Wie das Abendblatt da auf die Idee kommen kann, dass die besten Abiturienten bald einen Bogen um die Uni machen und gute Professoren sich wegbewerben, ist mir schleierhaft.
ABENDBLATT: Umfragen zeigen, dass der Bachelor bislang als Schmalspurabschluss gilt.
DR�GER: Der Bachelor ist ein berufsqualifizierender Abschluss, der vielen Studenten sehr gute Berufsaussichten bringt, zum Beispiel im Bereich der Betriebswirtschaft. Auch f�r die Geisteswissenschaften gibt es viele geeignete Felder.
ABENDBLATT: Zum Beispiel?
DR�GER: Der Bachelor ist etwa sinnvoll im Bereich Regionalstudien. Hier kann in sechs Semestern ein solides Verst�ndnis von Sprache, Kultur und Politik eines Landes vermittelt werden. Leider gibt es solche Studieng�nge bisher zu wenig in Deutschland.
erschienen am 11. Mai 2007 Erschienen am 11.05.2007 in Hamburger Abendblatt zurück | quelle
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